Leseprobe - Burkhard Pautz

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Leseprobe

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Berlin Frühjahr 1989, Prenzlauer Berg, Rykestraße 24:

Er war wieder allein. Getrennt von seinem kleinen Sohn.
Geschieden von seiner Frau, die ihn zum Schluss noch denunzierte.
Und er war froh, dass es so war, denn er konnte nun keinen mehr gefährden.
Ganz allein konnte er nun diesen letzten Weg gehen.
Er war nun bereit, alles gegen dieses verhasste, erstarrte DDR-Regime zu tun.
Und er hatte es bereits getan!
Nun wartete er jeden Tag, dass sie ihn abholen würden.
Doch damit musste er ja rechnen. Nein, auch davor fürchtete er sich nicht mehr.
Angst hatte er nur, dass vielleicht nichts mehr zurück bleibt.
Nichts mehr auf dieser Welt an ihn erinnern würde.
Deshalb übergab er Stefan Heym, dem berühmten Schriftsteller, seine wichtigsten Geschichten. Die anderen Gedichte und Erinnerungen hatte er bereits seinem besten Freund zur Verwahrung gegeben.
Irgendwann, so hatte er es sich vorgestellt, würden seine beiden Kinder diese Texte lesen.
Sie sollten erfahren, dass ihr Vater doch ganz anders gewesen ist, als ihre Mütter ihnen erzählt hatten.
Ja, seltsam. Das ihm das so wichtig erschien?
Er hatte mit seinem Leben abgeschlossen.
Dann, auf einmal war da dieses „Nahtod-Erlebnis“!
Völlig aus dem Nichts, völlig unverständlich kam dieser wunderbare Sommer!
Alles war so unwirklich, so einmalig, so wunderschön!
Jeder Tag, jede Stunde war so einzigartig!
Und plötzlich war er verliebt! Verliebt, wie nie zuvor und nie danach in seinem Leben!
Aber leider war es wirklich nur ein kurzes, letztes Aufbäumen, bevor sein altes Leben im Spätsommer 1989 begraben wurde.
Irgendwo da in der Fremde, im September 1989, in einem Baubüro in Düsseldorf, wurde aus den genetischen Resten von ihm ein neuer Mensch erschaffen.
Ein völlig neuer Mensch, der nichts, aber auch gar nichts mehr mit diesem Menschen zu tun hat, den es im Sommer 1989 noch gab!
Geblieben sind tatsächlich nur seine Texte, die es wert sind, nun endlich gelesen zu werden!

 
 
 
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